Gedankenspiele

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Der friedliche Augenblick verflog so schnell, wie er aufgetaucht war. Schon sprangen ihn, wie gereizte Panther, seine nächtlichen Gedanken an. Seit Jahren war ihm dieser Zustand nicht mehr bekannt, er spürte eine gefährliche Unausgeglichenheit bis in den Seelengrund. Rasch verließ er sein Bett. 

Er fühlte in jedem Winkel seines Bewusstseins, er durfte um des Himmels willen keine Zeit mehr verlieren. Flüchtig führte er seine Morgentoilette durch, drängte seinen Diener beim Ankleiden zur Eile und nach einem spartanischen Frühstück verschwand er in seinem Arbeitszimmer. 

Nach einer halben Stunde rief er nach seinem Sekretär und kam ohne große Umwege zu einem Anliegen. Höflichkeit und Geduld entsprachen nicht seiner Natur.

‚Du suchst mir den besten Gärtner im Lande und beorderst ihn zu mir‘.

Mit einer wischenden Handbewegung wurde der Sekretär mit dem eiligen Auftrag entlassen. Einen Tag später trafen sich der Bankier, der Gärtner und sein Sekretär gemeinsam zu einem Arbeitsgespräch.

‚Kennst du den Park unseres Monarchen?‘

Im Gesicht des Gärtners blitzte Stolz auf. 

Der Aufbau des Parkes war er zum großen Teil sein Verdienst. 

‚Ich kenne ihn‘, antwortete dieser knapp.

‚Du wirst mir einen Garten bauen, prächtiger als alles, was dieses Land bisher gesehen hat. Der Garten unserer Majestät darf dir als Vorbild dienen, aber nur als Vorbild.‘

Er verstummte kurz und musterte sein Gegenüber scharf.

‚Geld spielt keine Rolle‘, er fixierte sein Gegenüber so, dass dieser keinen Widerspruch wagte. 

Schließlich stellte der angesehene Geldmann die für ihn entscheidende Frage. 

‚Wann kannst du mit dem Bau meines Gartens anfangen?‘  

‚Nun’, der Gärtner ließ sich durch den Bankier nicht aus der Ruhe bringen, ‚ich muss zuerst die angefangenen Arbeiten erledigen. Ich denke frühestens in drei Monaten.’

Die Adern am Hals des Bankiers fingen an zu schwellen, sein Kopf veränderte die Farbe und eruptiv brach es aus ihm heraus.

‚Du fängst sofort an! Ein Nein und Verzögerungen dulde ich nicht! Überlasse deine bisherigen Aufgaben deinen Assistenten! Ab sofort kümmerst du dich ausschließlich um mein’, er unterbrach sich für eine kleine Korrektur und atmete tief durch, ‚um unser Ziel‘.

‚So geht das nicht’, versuchte der Gärtner sich gegen den Zorn, der von seinem Gegenüber ausging, zu behaupten.

‚Geht nicht’, presste dieser, sich mühsam zurückhaltend, durch die Zähne, ‚so etwas kommt in meinem Wortschatz nicht vor.’“

Die Frau unterbrach ihre Schilderung, schaute in eine undefinierte Ferne und sprach dann weiter. 

„Wie es weiterging, will ich nicht vertiefen. Einen Monat später begann der Gärtner mit seiner Arbeit. Drei Jahre dauerten die Arbeiten in denen Entwürfe verworfen und genehmigt wurden. Häufig erhielten die Waghalsigsten von ihnen den Zuschlag. Für die anfallenden architektonischen Arbeiten wetteiferten die besten Architekten des Landes. In diesen drei Jahren lernte der erfahrene Gärtner nochmals ganz neu die Bedeutung der Worte Enttäuschung, Hoffnung und Erfolg zu definieren.

Unmittelbar erlebte er das Werden und Wachsen eines einzigartigen Parks. Oft stand er vor dem Aus seiner Arbeit und wollte resignieren. Doch immer wieder schöpfte er Kraft aus dem bisher Geschaffenem und dem unbeugsamen Willen seines Auftraggebers. 

Beim Abschluss seiner Aufgabe, die inzwischen Teil von ihm geworden war, stieg in ihm eine tiefe innere Befriedigung auf. Ruhe und Gelassenheit fühlte er in seiner Seele beim Betrachten seines Werkes. Seinem besonderen Stolz galten die Wasserspiele am Ende des angelegten Gartens und ein monumentaler Brunnen im Zentrum des Parks. Dieser war aus italienischem, weißem Marmor. Zu diesem führte ein, den Park in zwei Hälften teilender, Säulenpfad. Auf den Säulen saßen, einige so lebensecht, dass der Betrachter glauben konnte, sie würden gleich auf einen herunter springen, aus der Mythologie stammende Figuren aus verschiedenen Steinarten und Metallen. Jedes Mal, wenn der Gärtner vom Balkon des Herrenhauses den Graten betrachtete, erfüllten ihn Zufriedenheit und ein seltenes Glücksgefühl. 

Er wusste, in dieser Landschaft hatte er sich selbst verwirklicht. 

Plötzlich erkannte er seine Belohnung für die letzten Jahre der Anstrengung. Er wusste endgültig, wie sich ein Mensch fühlte, der sich im Einklang mit Gott und der Natur befand. Er war wunschlos glücklich. Er fühlte ein warmes helles Licht in sich. Alle Bereiche seines Seins wurden durchflutet.

Aber wie erging es inzwischen unserem Initiator?“

Die weise Frau legte eine erwartungsvolle Pause ein und sah unseren Suchenden lange in die Augen. Darin sah sie nur Unverständnis. Nachdem die Männer die Antwort schuldig blieben, schloss sie ihre Augen und schaute mit ihren Sinnen auf die von ihr geschaffene virtuelle Welt. Mit leiser Stimme fuhr sie fort.

„Der Bankier hatte ungeduldig auf die Fertigstellung seines Gartens gewartet. In den letzten Wochen brüstete er sich überall, betonte, wie sensationell und einmalig sein Park werden würde. Gleichzeitig wurden, war dies der Ausgleich, schlaflose Nächte immer häufiger Bestandteil seines Lebens. Jedes Mal, wenn es unvorhersehbare Verzögerungen gab, die die Fertigstellung seines Parks hinausschob, entstand in ihm eine Krise und er fühlte sich von seinem Schicksal verraten. Je näher der Tag kam, an dem der Garten eingeweiht werden sollte, umso mehr drehte sich sein gesamtes Denken und Trachten sich nur noch um die Bewunderung, den Neid und das Staunen seiner Gäste. Er stellte sich vor, wie ihn alle bewunderten und beneideten. So konnte es nicht ausbleiben, dass sich sein Traum immer mehr auf seine Geschäfte aus wirkte. 

Diese liefen immer schlechter. 

Einige Male hatte er sich gefährlich Nahe am Bankrott verspekuliert. Zweifel über seine Fähigkeiten breiteten sich in ihm aus. Plötzlich glaubte er, dass sein Glück ihn verlassen hätte. Fortuna war bisher, davon war er überzeugt, eine treue Begleiterin seines Leben gewesen. Die Verunsicherung bewirkte zu seinem Unglück nicht, dass er sich zurücknahm, nein, im Gegenteil, die Zweifel äußerten sich in Wut, Verzweiflung und Unbehagen. Er steigerte sich immer mehr ins Besitzen wollen, ins Recht haben wollen, und in den Glauben, dass all die Anderen, Schuld an seinem Unglück trügen. Er misstraute der ganzen Welt. An Einschränkungen in seinem bisherigen Leben war er nicht gewöhnt, nur schwer kam er mit dieser für ihn unbekannten Situation zurecht. Trotzdem wollte er weiterhin das Unmögliche. Jeder Verzicht kam einer Verwundung seiner Seele gleich. 

Jeden Misserfolg empfand er als ungerechte Strafe Gottes. 

Bis zur Fertigstellung seines so herbeigesehnten Parks haderte er mit sich und der Welt. Endlich war es dann so weit, sein Gärtner meldete die Vollendung des Parks. Der Bankier bedankte sich und schickte den Gärtner weg. Allein, nur die unterschiedlichsten Gefühle begleiteten ihn, betrat er die Gartenlandschaft. Sorgfältig ohne Eile betrachtete das fertige Werk. Vor jedem Kunstwerk, vor jedem Brunnen, vor jeder Pflanze blieb er lange stehen. Doch dass was er sich erhofft hatte, trat nicht ein. 

Seltsamerweise stieg nicht die Befriedigung in ihm hoch die er erwartet hatte. Im Gegenteil, Enttäuschung breitete sich in ihm aus. Zu seiner Überraschung geschah jedoch etwas Unerwartetes, eine Last, die er seit einiger Zeit unbewusst mit sich herumgeschleppt hatte, fiel von den Schultern. 

Doch kaum war der Fels auf dem Boden gelandet, fühlte er sich nicht befreit sondern missverstanden. In ihm entstand, an jener Stelle, den der Fels seit Langem eingenommen hatte, eine dunkle, unendliche, hoffnungslose Leere. Seine Erwartungen, seine Sehnsucht nach innerem Frieden, seine Suche nach Licht, wurden nicht erfüllt. Wie so oft, wenn er glaubte, die Welt verstand ihn nicht, beklagte er sich bei seinem Gott.“

Stille. Während sie die Schilderung wirken ließ, sah sie die nachdenklichen Männer, abwechselnd, direkt in die Augen. Das abwehrende Lächeln war aus ihren Gesichtern verschwunden.

„Bevor ihr endgültig geht, möchte ich euch noch ein Wort der alten Meister mit auf den Weg geben. Wer auf seinem gottgegeben Anspruch im Glück-sein zu Sein verzichtet, erfüllt sein Da-sein nicht.“

Endgültig verwirrt, ohne noch ein weiteres Wort abzuwarten, verließen die Männer beinahe fluchtartig die kleine Hütte. Während sie gemeinsam die Treppen der Pyramide hinuntereilten, begleitete sie das Gefühl, dass etwas mit ihnen geschehen war, aber als sie sich später bei einem Glas Wein darüber unterhielten, konnten sie das Erlebte nicht wirklich in ihre Welt einordnen. Kurz, nachdem die Männer den Raum verlassen haben, erfüllte angenehme Einsamkeit den Raum. Tief und gleichmäßig atmete die Frau, ihre Welt ein und aus. Die Sonne stand inzwischen tief am glutroten Horizont und die von ihr ausgesandten Lichtstrahlen drangen ungehindert in die nachdenkliche Stille. Gerne hätte sie den Männern noch etwas gesagt. Aber sie waren genauso überraschend wie sie gekommen waren wieder aus ihrem Leben verschwunden.





Sie und er waren in ihrem Sein daheim,
mit euch und manchmal ganz allein.
Ihr wart so fern und doch auch nah,
so wie sich ein Stern am Himmel zeigt,
so wie ein Stern, der sich neigt,
zu euch, zu ihr, zu ihm und immer fort,
 ihr wart nicht hier, ihr wart nicht dort.



LIEBE IST ALLES    

ALLES IST LIEBE 

ICH LIEBE 

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